Sinn und Unsinn der deutschen Energiepolitik

Eine neue Energiepolitik

In Deutschland tut sich in Sachen Energiepolitik seit Jahren Erfreuliches: sie ist im Wandel, weg von fossilen Brennstoffen und Kernkraft hin zu erneuerbaren Energieträgern. Die Politik hat 2000 mit Einführung des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG), siehe PDF des Umweltbundesamtes, einen beachtlichen Schritt gemacht, der jedem Bürger die Möglichkeit bietet, sich aktiv mit staatlicher Unterstützung an Klimaschutz und Energiewandel zu beteiligen: durch Energiesparmaßnahmen, Verwendung alternativer Energieträger oder autonome Versorgungssysteme. Steuergelder sind in der Vergangenheit selten sinnvoller in die Zukunft Deutschlands investiert worden.

Heute ist Deutschland technisch und psychisch bereit, sich auf neue Strukturen und Möglichkeiten einzulassen. Eine junge, innovative Industrie steht bereit, das Land mit alternativen Energiegewinnungssystemen zu versorgen. Der Privatsektor ist willig zu investieren. Doch die politischen Handlungsträger scheinen unentschlossen. Wichtigen Veränderungen wirken Eigeninteressen großer Energiekonzerne entgegen, die lange Zeit weder vorausschauend noch proaktiv gewirtschaftet haben. So steht eine unternehmerfreundliche Regierung zwischen zwei Fronten: den ihr nahestehenden Energiekonzernen und potentiellen Wählern.

Gezielte Einflussnahme

EEG und neue Diskussionen über Klima- und Energiewandel in der Bevölkerung haben die Energieriesen wachgerüttelt. Anders als verbale Forderungen ökologischer Idealisten kosten das EEG und seine Umsetzung die Großkonzerne Geld und Vertrauen. Sie müssen kritische Fragen zu ihrem Beitrag zum Energiewandel beantworten und erleben, dass im Zeitalter moderner Informationstechnologie unkonkrete Kommunikationspolitik beim Kunden nicht ankommt. Die Energieriesen müssen reagieren und tun es da, wo sie das beste Ergebnis für sich erhoffen: auf politischer Ebene.

Aufweichung des EEG

Die Vergütungskürzung für Solarstrom ist nur ein Beispiel für den Unsinn in der deutschen Energiepolitik

Damit beginnt der Unsinn der deutschen Energiepolitik. Die Konzerne beweisen ausreichend Einfluss, ihren Willen durchzusetzen. Statt eigene Wirtschaftsstrategien zukunftsfähig auszurichten, drohen sie mit Stellenabbau. Die Laufzeitenverlängerung für Kernkraftwerke verschafft den Großkonzernen 2010 eine Atempause. Die Fukushima-Katastrophe 2011 bringt die politisch Verantwortlichen zur Besinnung. Atommemorandum und Expertengremien erreichen die weitgehende Aufhebung der Beschlüsse von 2010.

Doch der Aufschwung im alternativen Energiesektor bleibt aus. Die Großkonzerne möchten den Energiesektor bereinigen und argumentieren gegen das EEG. 2011 wird erstmals eine gesetzlich vorgesehene Vergütungskürzung für Solarstrom vorverlegt. Die Solarindustrie wird ernsthaft erschüttert. Die vorzeitige Vergütungskürzung lässt Finanzierungspläne scheitern und führt zu herben Auftragseinbrüchen. Viele Betriebe überleben nur, weil auf Druck ihrer Verbände die Kürzungen verschoben werden, so dass die Auftragserledigung weitestgehend rechtzeitig gelingt. Förderungen für Privatinvestoren in dezentrale Energiesysteme, kommunale Netzwerke oder Energiesparmaßnahmen werden heruntergeregelt, entsprechende Planungen daraufhin fallengelassen.

Die in 2011 erreichten Rekordwerte bereits bestehender, regenerative Energieerzeuger bringen die Energieriesen weiter in Zugzwang. Die Politik erhört die Klagen der Konzerne über Netzüberlastungen und Steuerungsprobleme: statt Modernisierung bei den Großerzeugern einzufordern, werden kurzfristig Vergütungen und Abnahmemengen für private Energieerzeuger im EEG neu geregelt. Netzbetreiber dürfen nun privat erzeugten Strom herunterregeln, wenn sie eine Netzüberlastung befürchten. Die zeitlich rekordverdächtige Umsetzung der Gesetzesnovelle verhindert, dass kleinere Betriebe adäquat auf den finanziellen Einbruch reagieren können. Seither stirbt ein innovativer Industriezweig mit Tausenden hochqualifizierter Arbeitsplätze.

Energiepolitik zukunftsfähig gestalten

Der Energiewandel stockt und ein grundlegendes Umdenken in der Energieversorgung ist erforderlich. Die Konzentration auf Großprojekte ist wenig hilfreich. Die Energieversorgung über erneuerbare Energieträger lebt von der Dezentralisierung.

Fördermittel für Privatinvestoren und dezentrale Versorgungseinheiten auf regenerativer Basis sind sinnvoll. Subventionen für energieintensive Industriezweige sollten in Fördermittel für Energiesparmaßnahmen und den Aufbau einer standortgebundenen Energieversorgung aus regenerativen Energieträgern umgewandelt werden. Standortangepasste Energieversorgung und modernste Energiespartechnik können Energienetze stark entlasten, deren überregionaler Ausbau viel Kapital bindet.

Die Entwicklung eines zukunftsfähigen Gesamtkonzeptes zur Energieversorgung Deutschlands sollte einem unabhängigen Expertenteam aus Industrie und Wissenschaft obliegen, das innerhalb realistischer Zeitlinien agiert und alle Möglichkeiten der Energieproduktion einbezieht.

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